Warum bedarf es regulierender Maßnahmen?
Tabakprodukte sind die einzigen frei verfügbaren Handelsprodukte, die auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung, zu Abhängigkeit, schwerwiegenden Gesundheitsschäden und vorzeitigem Tod führen. Dies unterscheidet sie von Alkohol, Medikamenten und weiteren legalen Produkten, die zwar ebenfalls Schaden anrichten können, aber bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und Einhaltung regulatorischer Schutzmaßnahmen kaum gesundheitsschädlich sind.
„Der Tabakkonsum ist das bedeutendste einzelne vermeidbare Gesundheitsrisiko und die führende Ursache für Morbidität und Mortalität. Rauchen verursacht schwere akute und chronische Erkrankungen wie COPD, Lungenkrebs und andere Krebsarten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Weltweit sterben jedes Jahr über 5 Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens, davon 110.00 Menschen in Deutschland. Um die Tabakepidemie einzudämmen, müssen effektive Maßnahmen zur Reduzierung des Tabakkonsums ergriffen werden.“ (Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz), Heidelberg)
„Rauchen führt zu schwerwiegenden Erkrankungen und macht süchtig.Über 5.000 verschiedene Chemikalien – oder Rauchbestandteile – entstehen bei der Verbrennung von Tabak. Mehr als 100 dieser Rauchbestandteile wurden von Gesundheitsbehörden als Ursachen oder mögliche Ursachen für Krankheiten identifiziert, die mit Rauchen in Zusammenhang stehen. Zu diesen Krankheiten gehören kardiovaskuläre Erkrankungen (Herzkrankheiten), Lungenkrebs und chronisch-obstruktive pulmonale Erkrankungen (Emphyseme, chronische Bronchitis). Bei Rauchern ist die Wahrscheinlichkeit, von diesen Krankheiten betroffen zu sein, wesentlich höher als bei Nichtrauchern. Darüber hinaus macht Rauchen süchtig, und es kann sehr schwierig sein, damit wieder aufzuhören.
Dies sind die Ansichten von führenden Wissenschaftseinrichtungen und Gesundheitsorganisationen weltweit. Und auch Philip Morris International ist dieser Ansicht. Philip Morris International (PMI) unterstützt eine wirksame, wissenschaftlich fundierte Regulierung von Tabakprodukten mit dem Ziel, Gesundheitsgefährdungen durch das Rauchen zu verringern.“
Frühere Regulierungsmaßnahmen
Die ersten Tabakerzeugnisregulierungen fanden sich in dem am 01.01.1975 in Kraft getretenen Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG). Ziel des Gesetzes war neben dem Verbraucherschutz auch die Gefahrenabwehr von gefährlichen (belasteten) Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen; daneben wurde erheblich ins Gewerberecht eingegriffen. Als veränderte Lebensmittel galten solche, die pharmakologisch (z. B. hormonell) behandelt, mit unzulässigen Pflanzenschutzmittel gespritzt, mit ionisierenden oder ultravioletten Strahlen in unzulässiger Weise bestrahlt oder mit unzulässigen Zusatzstoffen versetzt wurden. Neben den Tabakerzeugnissen wurden auch Kosmetika beschränkt.
Später erhielt der Teil, der die Tabakerzeugnisse betraf, den Titel Vorläufiges Tabakgesetz (VTabakG), blieb aber bis September 2005 Bestandteil des LMBG.
Durch Änderungen des VTabakG und anderer gesetzlicher Bestimmungen sowie durch Herausgabe neuer Verordnungen hat Deutschland die Richtlinie 2001/37/EG vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und die Richtlinie 2003/33/EG vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen in nationales Recht umgesetzt.
Wesentliche Inhalte der Änderungen:
- Tabaksteuererhöhungen (Tabaksteuergesetz)
Zwischen 2000 und 2006 wurde die Tabaksteuer – teils jedoch aus sachfremden Gründen (Finanzierung von Maßnahmen zur Terrorabwehr, finanzielle Unterstützung der Krankenkassen) – insgesamt achtmal angehoben, nämlich von etwas über 6 Cent/Zigarette auf etwas über 14 Cent/Zigarette.
Eine weitere 5-stufige Anhebung der Tabaksteuer wurde für die Jahre 2011 bis 2015 beschlossen. - Schutz vor Passivrauchen (Arbeitsstättenverordnung)
Seit 2002 garantiert die Arbeitsstättenverordnung nunmehr Arbeitnehmern einen Schutz vor den Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen (Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr (z. B. Gaststätten) ausgenommen). - Rauchverbote (Nichtraucherschutzgesetze) Die Nichtraucherschutzgesetze des Bundes (2007) bzw. der Länder (2007/2008) verbieten das Rauchen in Einrichtungen des Bundes bzw. der Länder, in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personenverkehrs sowie in Bahnhöfen der Eisenbahn. Die Gesetze der Länder sehen eingeschränkte Rauchverbote in der Gastronomie vor.
- Warnhinweise (Tabakprodukt-Verordnung)
Aufgrund der EU-Richtlinie 2001/37/EG sind auf den Zigarettenpackungen seit 2002 bestimmte textbasierte Warnhinweise vorgeschrieben. Bildliche Warnhinweise sind in Deutschland nicht vorgesehen. - Tabakwerbeverbote (Vorläufiges Tabakgesetz)
Im Fernsehen und im Radio ist Tabakwerbung bereits seit 1975 verboten, Sponsoring von Rundfunk- und Fernsehsendungen durch Zigarettenhersteller seit 1999 und Tabakwerbung im Kino vor 18 Uhr seit 2002.
Eine in der EU-Richtlinie 2003/33/EG vorgesehene Ausweitung bisheriger Tabakwerbeverbote hielt Deutschland für eine Kompetenzüberschreitung der EU und klagte vor dem EuGH. Dieser entschied allerdings im Dezember 2006 gegen Deutschland. Seit 2007 ist darum Tabakwerbung im Internet und weitgehend in Printmedien sowie das Sponsoring von Rundfunkprogrammen und grenzüberschreitenden Veranstaltungen durch Tabakhersteller auch in Deutschland verboten.
Tabakprodukt-Richtlinie der EU
Nach jahrelangen Beratungen und Verhandlungen hat das EU-Parlament 2014 eine Tabakprodukt-Richtlinie verabschiedet, die die bislang geltende Richtlinie aus dem Jahre 2001 (RL 2001/37/EG) ersetzt. Mit dieser neuen Richtlinie 2014/40/EU vom 26.02.2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen wird künftig deutlicher auf die Gefahren des Tabakkonsums hingewiesen und Rauchen durch das Verbot verschiedener Zusatzstoffe weniger attraktiv gemacht. Insbesondere Jugendliche sollen vom Einstieg in den Konsum von Tabakerzeugnissen und elektronischen Zigaretten abgehalten werden. Erstmals werden neben Tabakerzeugnissen auch nikotinhaltige elektronische Zigaretten reguliert.
Inhaltlich geht es in der neuen Richtlinie insbesondere um folgende Regelungen:
- Schockbilder – Auf Zigarettenpackungen, Tabak zum Selbstdrehen und Tabak für Wasserpfeifen werden Warnhinweise neu eingeführt, die aus einer Kombination von Bild und Text bestehen und die 65 Prozent der Vorder- und Rückseite ab der Oberkante der Packung umfassen.
- Zusatzstoffe – Außerdem werden Regelungen zu Zusatzstoffen EU-einheitlich getroffen. Für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen wird es ein Verbot von charakteristischen Aromen (z. B. für Menthol) geben. Andere Zusatzstoffe, die die Attraktivität, die Sucht erzeugende oder toxische Wirkung erhöhen, die Inhalation oder die Nikotinaufnahme erleichtern, werden in allen Tabakerzeugnissen verboten.
- Packungsgröße und Form – Es sind Vorschriften zur Regelung der Packungsgestaltung (Aufmachung und Inhalt der Verpackungen) vorgesehen. So muss eine Zigarettenpackung quaderförmig sein und mindestens 20 Zigaretten pro Packung enthalten. Für Tabak zum Selbstdrehen sind Kombidosen erlaubt, ebenso Beutel; diese Packungen müssen aber mindestens 30 g Tabak enthalten.
- E-Zigaretten – Erstmals werden auch so genannte E-Zigaretten von der Richtlinie erfasst, um auch für diese Erzeugnisse eine EU-einheitliche Regelung zu bekommen. In E-Zigaretten sind bestimmte Zusatzstoffe verboten, wie zum Beispiel Vitamine, Koffein oder Stoffe, die die Inhalation oder Nikotinaufnahme erleichtern. Zudem müssen E-Zigaretten mit einer Kindersicherung versehen sein. Die Hersteller und Importeure müssen die Erzeugnisse, die sie in Verkehr bringen wollen, vorher bei den Behörden anmelden. Sie müssen außerdem zu jedem Erzeugnis einen Beipackzettel beifügen, der unter anderem über mögliche schädliche Auswirkungen und das Suchtpotential informiert.
- Werbung – Verboten werden Packungen oder Außenverpackungen, die den Eindruck eines wirtschaftlichen Vorteils durch aufgedruckte Gutscheine, Ermäßigungen, kostenlose Abgabe, 2-für-1-Angebote oder ähnliche Angebote erwecken.
Tabakerzeugnisgesetzund Tabakerzeugnisverordnung
Das deutsche Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisgesetz – TabakerzG) vom 04.04.2016 trat am 20. Mai 2016 (dem letzten Tag der von der EU vorgesehehenen Frist) in Kraft. Es setzt die Richtlinie 2014/40/EU in deutsches Recht um und ersetzt alle bisherigen tabakbezogenen Gesetze und Verordnungen (z.B. das Vorläufige Tabakgesetz, die Tabakproduktverordnung und die Verordnung über Tabakerzeugnisse).
Mit dem TabakerzG gelten u. a. folgende Regelungen:
- Erstmals wurden auch E-Zigaretten (auch nikotinfreie) und neuartige Tabakprodukte in die Regulierung einbezogen. Für neuartige Tabakerzeugnisse wird ein Zulassungsverfahren eingeführt.
- Für alle Erzeugnisse gelten Vorschriften zum Täuschungsschutz (z. B. sind Schoko- und andere zigarettenähnliche Produkte verboten).
- Werbung für Tabak und nikotinhaltige elektronische Zigaretten in der Presse und in anderen gedruckten Veröffentlichungen ist verboten. Ebenfalls verboten ist Werbung in den Diensten der Informationsgesellschaft, d.h. insbesondere im Internet, in Hörfunk und Fernsehen. Tabakunternehmen dürfen auch keine Hörfunkprogramme, Veranstaltungen oder Aktivitäten sponsern, die grenzüberschreitende Wirkung haben.
In der Tabakerzeugnisverordnung (TabakerzV) sind u. a. folgende Regelungen enthalten:
- Für alle gesundheitsbezogenen Warnhinweise werden durch die TabakerzV Anforderungen an die grafische Gestaltung und Mindestmaße festgelegt, um deren Sichtbarkeit und maximale Wirksamkeit zu gewährleisten.
- Für Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak werden kombinierte Text-Bild-Warnhinweise verpflichtend eingeführt, die 65 Prozent der Vorder- und Rückseite der Packung einnehmen. Hinzu kommen zwei Textwarnhinweise, die jeweils 50 Prozent der Packungsseitenflächen bedecken müssen.
- Für nikotinhaltige elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter enthält die TabakerzV Vorschriften unter anderem zu Inhaltsstoffen, Verpackungsgestaltung, Beipackzettel und Mitteilungspflichten.
Mit der zweiten Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung (in Kraft seit dem 20.05.2017) wurde klargestellt, dass ein Verdecken der vorgeschriebenen Schockbilder bei der Präsentation von Tabakwaren im Handel unzulässig ist. Der Handel hatte zuvor die Auffassung vertreten, dass der Begriff „Inverkehrbringen“ nicht mit dem Anbieten der Waren sondern mit dem „Aushändigen“ der Ware an den Käufer gleichzusetzen sei und hat die Schockbilder häufig durch vorgesteckte „product cards“ verdeckt.
Mit einer weiteren Änderung des TabakerzG sollte die Außenwerbung für Tabakwaren verboten werden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wollte damit die Situation in Deutschland an die in anderen Euroländern angleichen. Das Änderungsgesetz hat bereits den Bundesrat und das Bundeskabinett passiert, wird aber nun auf Drängen einiger CDU-Politiker, die noch „weiteren Klärungsbedarf“ sehen, im Bundestag blockiert.